Von Katarina Kartach
LÖSSNITZ. Am Sonntag zeigte sich Lößnitz zum zweiten Salzmarkt von der mittelalterlichen
Seite. Tausende Bürger aus nah und fern bereiteten dem Salzzug einen würdigen Empfang.
Trommler und Herolde vom Reitverein Lößnitz führten den Troß an, der Säcke des kostbaren
Minerales auf einem Fuhrwerk über den Preßnitzpaß transportierte.
Umjubelt wurde Salinenbesitzerin Steffi Rathe, Vorsitzende des Heimatvereines: Sie hatte mit
zwei echten Halloren aus der Salzwirker-Bruderschaft Halle den Weg angetreten, um Salz in die
Muhme zu schaffen. Bauern mit ihren Fuhrwerken, edle Knappen, Saumferde, auch Mönche,
dargestellt von der Jungen Gemeinde, und der Brauereiwagen passierten wohlbehalten die von
der Bürgerwehr (Freiwillige Feuerwehr) bewachten Stadttore.
Damit die Menschen wachsen und gedeihen, opferte sich Bürgermeister Gotthard Troll, um das
Salz der Salinenbesitzerin zu probieren, denn, wenn er schlechtes Salz einkaufte, hätte er
ein arges Leben vor sich. Doch es war vorzüglich. So wurde schnell ein gestandenes
Mannsbild ausgesucht und auf der Salzwaage gewogen. Der Müllermeister Hermann Schroth brachte
Stolze 150 Kilogramm auf die Waage. Hatte da nicht ein Stadtknecht seinen Fuß darauf gestellt?
So bat die Salinenbesitzerin noch einen "Hergeloffnen", auf die Waage zu steigen. "Nun stellt
280 Kilo Salz für unsere schöne Stadt bereit", frohlockte der Bürgermeister und versprach,
das Salz auch als Almosen an die Armen zu verteilen. Da überbrachte der Männerchor
"Liederhain" ein Ständchen.
Trotz heftiger Regenschauer wagten sich die Mitglieder des Lößitzer Heimatvereines auf die
Festbühne, um die wartende Menge ins Jahr 1633 zu versetzen. Da rutschte zum Markttag
Bürgermeister Joachim Winter ein Ei aus der Hand. Welch' große Tragödie! Bürgerin Kerstin
Viehweg und Händler Bernd Neubert waren untröstlich. Zuerst versuchte Bäuerin Steffi Rathe
zwar einen Steuererlaß zu erwirken, doch dann schenkte sie dem armen Bürgermeister noch ein
Ei. Schließlich hatte der doch schon die Post auf dem Markt räumen lassen, um darin Salz
lagern zu können. Als das Stadtoberhaupt dem Bettler Bernd Seidel sein Ei schenkte, nahmen
ihm böse Buben - die Jungen des Heimatvereines - das Ei ab und bewarfen damit die Hulda
(Gisela Förster), weil sie ihren Mann verprügelt hatte. Dabei bekamen die Zuschauer einiges
mit ab, doch glücklicherweise landete der größte Teil davon auf den Regenschirmen. Erst
Schmied Werner Naumann sorgte für Ordnung, und Pfarrer Harald Damm versprach, die Burschen zu
strafen, aber nur in Maßen.
Nach einer kurzen Pause, in der Marketenderinnen für 20 Groschen zum Original Lößnitzer
Miriquidi einluden, befiel noch im selben Jahr die Pest die Stadt. Chronist Gotthelf
Friedrich Oesfeld (Gerhard Troll) erinnerte daran, daß bereits 1617 die halbe Stadt durch
dieses Unglück dahingerafft wurde. Der Magister führte meisterhaft durch das gesamte
Spektakel, das stundenlang den Markt und seine Seitenstraßen in mittelalterliches Flair
tauchte.
Da lieferten sich Ritter Schaukämpfe, wanderten Minnesänger umher und spielten holde
Fräuleins ihre Instrumente. Auch Händler und Handwerksmeister aller Zünfte hatten ihre Stände
aufgebaut. So konnten die Zuschauer auch ein zünftiges Handeln mit Bauern aus Dittersdorf,
Affalter und Alberoda erleben. Dabei feilschten die Händler aus Alberoda am längsten.
Dorfältester Bauer Paul Harnisch hatte gleich seine ganze Familie und sämtliche Tieren
mitgebracht. Bekam er zuerst nur fünf Tüten von der Krämerin für den Kopf seiner Ziege
geboten, die ja eigentlich nur das Euter für Ziegenkäse haben wollte, tauschte er zum Schluß
die Ziege gegen einen großen Sack des kostbaren Salzes und bekam noch gelbe Eier dazu.
"Handel und Wandel bringen Segen in jeden Ort", sagte Magister Oesfeld. Deshalb hatte Gerhard
Troll in den Geschäften schon Tage zuvor einen Weisheitsspruch verteilt: "Kaufen Sie in
dieser Stadt, damit Lößnitz eine Zukunft hat." So haben sich die Lößnitzer vorgenommen,
ihren Markt und damit die Innenstadt wieder zu beleben. Zum nächsten Salzfest schlagen jedoch
einige Leute vor, die Bühne zwecks besserer Einsicht nach unten zu verlegen. Denn viele
konnten durch das Gedränge das herrliche Kostümspiel nur mit den Ohren verfolgen.
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