AUE (Ja). Proggressive-Rock-Fans und die grenzenlose Liebe zu ihrer Musik - dazwischen gibt es nichts.
Ständig im Blickkontakt mit den Akteuren auf der Bühne, leicht wippend saugt
der Körper die Bässe ein, im Kopf baut sich die bildhafte Musik mit ihrer unbeschreiblichen
Klangvielfalt zu einem wunderschönen Erlebnis auf. Wie gesagt, dazwischen gibt es nichts.
Dieses ganz oder gar nicht, das die Beziehung zu progressiver Rockmusik ausmacht, bereitet
aber spätestens dann Schwierigkeiten, wenn es darum geht, sich einem unbeleckten Publikum zu
stellen. Letzteres nämlich blieb beim ersten Prog-Rock-Konzert im kleinen Saal des Auer
Kulturhauses weitgehend aus. Die erfahrene Schweizer Band Clepsydra und die Auer Support-Formation
Namenlos zogen ihre eingefleischte und deshalb teilweise auch weitgereiste Fans nach Aue.
Dem heimischen Publikum aber schienen musikalische Neuigkeiten dann doch zu riskant.
Wer aber den ersten Schritt wagte, der wurde nicht enttäuscht. Tontechnisch nahezu perfekt, hielt
das Konzert einige Leckerbissen auch für verwöhnte Ohren bereit.
Schon Namenlos zog die ersten Hörer vor die Bühne, überzeugte mit einem versierten Auftritt
und stellte unter anderem den neuen Song "Allein zu Haus" vor. "Wenig Leute, aber trotzdem
super", meinte Namenlos-Sänger Ralph Schwarz. Spannung bei manch Neugierigem, Vorfreude in
den Gesichtern der Prog-Fans, so die Situation während der Umbaupause. Clepsydra, die in
diesem Herbst nur noch in Barcelona und Bordeaux spielte, betrat die Bühne und ließ in
den folgenden zwei Stunden keinerlei Zweifel daran aufkommen, daß diese Musik etwas
ganz Besonderes ist: Hörgenuß, aber auch Spaß, monumental und ebenso verletzlich mit
bildhaften Keyboard-Klängen bis hin zu mitreißenden Schlagzeug-Eskapaden.
Die Fans vor der Bühne schienen zusammengeschweißt, Überraschung zeigten die hinteren Reihen.
Ein solches Klanggewitter hatte wohl keiner erwartet, genauso wenig wie die überragende Stimme
von Clepsydra-Sänger Alu Maggini, der auch mal fast ohne instrumentalen Hintergrund
begeisterte.
Als dann neben dem gewohnten Englisch ein italienischer Song über die Bühne ging, erreichte
die Stimmung ihren Höhepunkt.
Immer wieder wurden die Schweizer zur Zugabe gerufen, spendeten schließlich auch dem Publikum
und den Organisatoren Beifall.
Schließlich gebe es einfachere Sachen, um das Publikum anzulocken. Progressive Rockmusik
unters Volk zu mischen, bedeutet Mut, so Lele Hofmann. Und gerade den sollte man jetzt nicht
verlieren, fügte Bassist Andy Thommen an. Die Fans werden draußen erzählen, wie es war, und
das nächste Mal Freunde mitbringen. Dann hätte sich auch ein großer Wunsch der Veranstalter
Rüdiger Schröter, Namenlos, Michael Horbach und Rico Schmidt erfüllt.
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