AFFALTER (nig). Gelassen sitzt ein Mann auf einem Barhocker, wickelt ein Brötchen aus und
trinkt sein Bier. Nebenbei unterhält er sich in fließendem Englisch mit einem
Besucher. Plötzlich springt er auf und betritt die Bühne. Es ist Zeit für den
Soundcheck. Terry Lee Hale hängt sich die Akustikgitarre um den Hals und schiebt den
Mikrofonständer einige Zentimeter nach oben.
Schon am frühen Samstagabend öffneten sich die Türen der "Linde"
für die Gäste des vierten Clubkonzertes vom Verein "Live Music Affalter".
Nachdem schon Größen wie Elliott Murphy oder Ben Waters zahlreiche Besucher anlockten,
sorgten diesmal Terry Lee Hale und Joseph Parsons mit seiner Band für einen vollen Saal.
Kerzenlicht erhellt so manchen Tisch. In dieser gemütlichen Clubatmosphäre klopfen
Hales Westernstiefel die Anfangstakte auf das Parkett. Er lächelt ins Publikum, das nicht
weiter als einen Meter von ihm entfernt sitzt. Damit beginnt ein Liederabend, der die
Zuhörer an verschiedene Orte führt. Hales Hände beherrschen die Gitarre,
entlocken dem Instrument kraftvolle und temporeiche Melodien, die an ausgelassene Pub-Stimmung
erinnern. In anderen Liedern hat sich Terry Lee Hale der Melancholie verschrieben, sitzt mit
geschlossenen Augen am Bühnenrand und berühtrt die Saiten seiner Gitarre behutsam,
als würde er sie sonst zerreißen.
Aber niemals lässt er zu, dass sich eine Stimmung zu stark im Saal ausbreitet. Ihm gelingt
es, im passenden Moment seine Musik in andere Richtungen zu lenken. Der 48-Jährige lebt
zurückgezogen in dem Städtchen Concarneau, kommt aber ursprünglich aus Texas.
Was es für ihn bedeutete, nach Frankreich zu gehen, erzählen Lieder auf dem 1997
veröffentlichten Album "Leaving West". Im Moment tourt er mit der Band
"Blind Doctors" durch Holland, Deutschland und Tschechien.
Da passiert es ab und zu, dass sich die Wege mit Joseph Parsons und dessen Band kreuzen. Für
das Dresdner Music-Vereinsmitglied Reinhard Kennke bedeutet der Besuch der Band aus Seattle
"den Konzerthöhepunkt des Jahres". Und tatsächlich begeisterten die
Künstler mit faszinierender Klangkraft. In den ersten Reihen spüren die Zuhörer
den Wind, den Schlagzeuger Ronny Crawford erzeugt, als er mit Schwung sein Instrument bearbeitet.
Mitunter improvisieren die Drei einige Minuten, ohne zu wissen, was dabei herauskommt. Joseph
Parsons' Lieder erzählen Geschichten von der Liebe und vom Glauben und richten Fragen an
das Leben. In "Late Last Night" verarbeitet er eine Kindheitserinnerung. Zusammen mit
seinem Bruder fand er einst am Ufer des Mississippi eine tote Frau.
Das Publikum wird mit einbezogen, der Parkettboden vibriert, und viele Hände klatschen
mit. Vereinschef Thomas Neukirchner genießt das Konzert gleich doppelt. Zum einen freut er
sich über das große Publikum, das sogar aus Kulmbach, Radeburg oder Augustusburg angereist
ist, und zum anderen, weil ihm die Gäste und Terry Lee Hale noch ein
Geburtstagsständchen sangen.. |