Bericht aus der "Freien Presse" (Ausgabe Aue) vom 01.06.99
Ein Feuerwerk im Berg
Debütkonzert von "artmontan" offenbaren neue Akzente mit "Klassik im Berg"
Von Beate Matuschek
MARKERSBACH/PÖHLA:
Farbige Strahlen durchzucken das Dunkel, brechen sich in der unebenen, steinernen Kuppel des
Bergmassivs, die den kleinen See inmitten der Zinnkammern überspannt. Die gehauenen Steinwände
lassen die vielfarbigen Laserstrahlen wirken wie immense, bunte Farbwasser, die sich über die
steinernen Wände ergießen - ein faszinierendes Feuerwehr im Berg - und die Besucher saßen
mittendrin in diesem effektvollen Rausch.
Die sonst üblichen "Böller" eines Feuerwerkes
dröhnen aus einer winzigen Ecke der Zinnkammern, an dessen Wand gedrängt ein überdimensional
bestücktes Schlagzeug steht. Den jungen Mann dahinter sieht man kaum. Nur sein aschblondes
Haar fliegt - angetrieben von den unsagbar flinken und rhythmischen Bewegungen, die Rene Kunze
mit Armen und Beinen vollführt, um seinem Instrument schier Unglaubliches zu entlocken. Mit
Improvisationen begleitet er die Lasershow am Ende des experimentellen Konzertes, zu dem man
im Rahmen der ersten Konzertstaffel von "artmontan" am Sonntag abend in die größten
Zinnkammern Europas im Besucherbergwerk Pöhla eingeladen hatte. Ein Spektakel, das aufgrund
der großen Resonanz Neugieriger gleich zweimal veranstaltet werden mußte.
"Jazz Sebastian Bach", kredenzt von Renato-Rozic-Concort aus Köln, lockte nicht nur jene, die
den Altmeister der Harmonielehre aus klassischer Sicht seit jeher verehren, nein vor allem
junge Leute zog es in den Berg zu diesem ungewöhnlichen Konzert.
Nichts an diesem Konzert war so, wie man es von anderen kennt. Nicht einmal die Anordnung der
Sitzreihen. Und nur, wer Bachs Werke kennt, konnte seine Hauptthemen erkennen. Alles andere
war verpackt in Jazz-Improvisationen, die wiederum mit bestechender Brillanz dargeboten wurden.
Dabei gerieten einerseits Jazz-Kenner und -liebhaber im Publikum unwillkürlich in swingende
Bewegung, andererseits schien dieser Part des experimentellen Konzerts für "unbeleckte"
Besucher wiederum zu lang, was sich in steigender Unruhe bemerkbar machte.
Durchbrochen wurden die von Rozic seiner Hi-End-Gitarre entlockten glasklaren Klänge durch
eine Präsentation futuristischer Modekreationen, ersonnen von Absolventinnen der Schule für
Angewandte Kunst Schneeberg. Leben eingehaucht haben den extravaganten Modellen, die als
Berggnome und Edelsteine daherkamen, Amateurmodels, die jenen avantgardistischen Stücken
durch ihre Bewegungen zudem den passenden Habitus verliehen. Auch dazu improvisierte Rene
Kunze, der gelernte Kfz-Ingenieur, mit seinen Schlagzeugstöcken futuristisch-verhaltene
Klänge.
270 Gäste sogen diese ausgefallene "Kunst im Berg" in sich ein. Ausverkauft war auch die
Auftaktveranstaltung am Samstag abend in der Kaverne des VEAG-Pumpspeicherwerkes Markersbach,
das Klassik im Heute und Morgen gegenüberstellte. Während die Sinfoniker aus Karlsbad die
Klassische Interpretationsart vertraten, stand auch dort Renato Rozic mit seiner Art der
Mozartinterpretationen für das Klangbild des neuen Jahrtausends. "Klassik im Berg" offenbarte
neue Akzente der Kunst.
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